Bayerische Geschichte
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Detaillierte Projektbeschreibung

Die Heimat spielt auch für den heutigen Menschen eine wichtige emotionale Rolle. Deshalb interessiert er sich für den Ort, in dem er aufgewachsen ist und in dem er lebt, besonders aber für dessen Geschichte und Namen. Im Historischen Ortsnamenbuch von Bayern erfährt er etwa, welchen Grundherrn der Ort einst hatte oder gar wer als Ortsgründer zu erschließen ist. Bei den Naturnamen lässt sich mittels der Toponyme etwa die Bewachsung und die Tierwelt früherer Zeiten feststellen. Die Kulturnamen geben Auskunft über die Tätigkeit der Menschen, etwa in Landwirtschaft und Gewerbe.

Das Historische Ortsnamenbuch von Bayern verbindet die Geschichtswissenschaft mit der Sprachwissenschaft und steht in wechselseitigem Nutzungsverhältnis mit Geographie, Volkskunde, Rechtsgeschichte und Archäologie. Jeder Landkreisband enthält nach einer systematischen Einleitung alle bestehenden und ab- bzw. aufgegangenen Siedlungsnamen sowie wichtige Gewässernamen des Untersuchungsgebiets.

Die Benutzungshinweise stellen den Aufbau des Werkes dar und erklären die verwendeten Fachausdrücke. Die ersten Teile der Einleitung informieren über die geographischen Verhältnisse des Untersuchungsgebietes sowie über die archäologischen Funde. Im dritten Teil wird die Siedlungsgeschichte anhand der Ortsnamentypen dargelegt, im vierten werden die wichtigsten Namenbestandteile erläutert. Wichtig ist auch die Beschreibung der mundartlichen Verhältnisse.

Der Kopfartikel besteht aus der laufenden Nummer, dem fettgedruckten Ortsnamen, der Lokalisierung und der Bestimmung der topographischen Einheit sowie der Ortsgröße.
Der meist umfangreichste Teil des Ortsartikels enthält die historischen Formen des Namens. Diese werden aus gedruckten und handschriftlichen Quellen erhoben. Dabei werden die nahe bei dem betreffenden Ort geschriebenen bevorzugt, weil der Schreiber die Lautung eines ihm bekannten Ortsnamens besser wiedergibt als in einer entfernten Kanzlei. Die Belege sind möglichst genau datiert, oft auch die Zeit der Abschrift bzw. des Druckes, wenn keine Originalquelle vorliegt. Die Belege und ggf. deren Kontext sind kursiv gedruckt; aus den recte geschriebenen Zusätzen erhält der Leser Informationen etwa über Grundherrschaft und handelnde Personen.

Es folgt die Transkription der Mundartform mittels der sprachwissenschaftlichen Zeichen, die im Anhang erläutert werden. Diese kann für die Etymologie wichtig sein. Ein Beispiel ist Obereichhofen im Landkreis Ebersberg. Die Mundartform aihófɒ weist auf das ursprüngliche lange ī, kann also nichts mit der Baumbezeichnung zu tun haben, die ǫachɒ auszusprechen wäre; das Bestimmungswort des Siedlungsnamens ist deshalb auf den Personennamen Îcho zurückzuführen.

Der nächste Abschnitt enthält die Namenserklärung. Zuerst gilt es, die zutreffende Sprache zu bestimmen. Es erfolgt also die Prüfung, ob sich der Name aus dem Deutschen erklären lässt. Falls dies nicht möglich ist, muss man etwa das Slawische oder Keltische in die Überlegung einbeziehen. Flussnamen kann man nicht selten mittels einer indogermanischen Wurzel erklären. Die aus der Belegreihe erkennbare Lautentwicklung ist jeweils darzulegen und ggf. mit der Mundartform zu konfrontieren. Alle zur Erklärung herangezogenen Wörter und Personennamen sind durch Wörterbücher oder Lexika, gelegentlich auch durch Quellenstellen zu dokumentieren. Bei den Naturnamen spielt die Realprobe im Gelände eine wichtige Rolle; ortskundige Gewährsleute können hier sehr hilfreich sein. So gab einer in Oberwittelsbach den Hinweis, dass der für die Siedlung namengebende Bach vor einiger Zeit verrohrt worden war und deshalb nicht mehr sichtbar ist.

Kleingedruckt sind die Fußnoten, welche hauptsächlich die Fundstellen der Belege und der Sekundärliteratur enthalten. Die verwendeten Abkürzungen sind in der Regel verständlich; damit die Qualität der Belege gleich erkennbar ist, werden bei den Editionen die Quellenart und Provenienz angegeben.

Der Band wird am Schluss durch mehrere Register erschlossen. Das erste hilft, die abgegangenen und die aufgegangenen Siedlungen, die in den modernen Ortsverzeichnissen oder Karten nicht mehr verzeichnet sind, aufzufinden. Für die Siedlungsgeschichte besonders wichtig ist die chronologische Liste der Erstnennungen; allerdings darf man diese Daten nicht mit der Zeit der Ortsgründung gleichsetzen, weil sie sich lediglich auf das erste Auftauchen in den Quellen beziehen. Das „Verzeichnis der in den behandelten Ortsnamen enthaltenen Wörter und Namen sowie der zur Ortsnamenbildung verwendeten Ableitungsbasen und Suffixe“ ist in erster Linie für den Sprachwissenschaftler interessant. Da für die Schreibung der Mundartformen über die geläufigen Buchstaben noch weitere Zeichen erforderlich sind, müssen diese im Register „Transkriptionssystem zur Umschrift der Mundartlautungen (Lautschrift)“ aufgelistet und erläutert werden. Nach Orten sortiert ist das Verzeichnis der Gewährspersonen, bei denen jeweils das Alter, der Geburtsort, der Wohnort und der Beruf anzugeben ist; zu der Aussprache der Namen sind nämlich besonders ältere Bauern zu befragen, die sich an den Lautstand früherer Zeit erinnern. Das Verzeichnis der ungedruckten Quellen dient dazu, den Leser über die ausgewerteten Bestände der betreffenden Archive und Bibliotheken zu informieren. Mit „Gedruckte Quellen und Literatur“ ist das nächste Verzeichnis überschrieben, die Editionen sind nach Quellenart und Provenienz, die Literatur nach Verfasser und Inhaltsstichwort aufgeführt. Weil manche Abkürzungen nur den Fachleuten geläufig sind, gibt es eine entsprechende Liste mit ihren Auflösungen. Das vereinigte Namen- und Sachregister erfasst in alphabetischer Reihenfolge die erwähnten geographischen Namen und Personennamen sowie Sachbezeichnungen.

Zur Orientierung dient schließlich die Landkreiskarte 1:100 000, die in eine Umschlagtasche eingelegt ist.

Herausgegeben wird das Historische Ortsnamenbuch von Bayern durch die Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1990 verfasste Robert Schuh dazu in der Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte (53, 423−455) die noch heute gültigen Richtlinien.