Bayerische Geschichte
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Edition der Erinnerungen von Gustav von Kahr

Zur Person

Gustav Ritter von Kahr (1862-1934) war ein zentraler politischer Akteur im Freistaat Bayern der frühen Weimarer Jahre: Der zum Ministerialdirektor im Innenministerium und 1917 zum Regierungspräsidenten von Oberbayern aufgestiegene Verwaltungsbeamte ließ sich im März 1920 auf Bitten konservativer Kräfte zum Bayerischen Ministerpräsidenten wählen und wurde mit seinem Programm zur "Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung" zur politischen Symbolfigur. Als Vertrauensmann der Einwohnerwehr und geschätzte Kontaktperson einflussreicher Gruppen gelang es Kahr, dieses Prestige auch nach seinem Rücktritt im September 1921 zu bewahren. Deswegen bestellte ihn die bayerische Staatsregierung unter Ministerpräsident von Knilling in der politischen Ausnahmesituation im Herbst 1923 zum Generalstaatskommissar mit weitreichenden exekutiven Vollmachten.

In dieser Funktion enttäuschte Kahr freilich die in ihn gesetzten Erwartungen und verspielte durch sein undurchsichtiges Agieren beim Hitler-Putsch jeglichen politischen Kredit. Als Hassfigur der Nationalsozialisten wurde Gustav von Kahr 1934 während des sogenannten Röhm-Putsches von der SS ermordet.

Zur Quelle

Die Lebenserinnerungen Gustav von Kahrs wurden in den frühen 1960er Jahren der Forschung zugänglich gemacht (Bayerischen Hauptstaatsarchiv, NL Kahr 51). Der Autor verfasste den Text im Wesentlichen nach Abschluss seiner politischen Karriere in den Jahren 1925-1928, Überarbeitungen durch Kahr sind auf das Jahr 1931 zu datieren.

Der Text umfasst insgesamt 1600 typographische, mit handschriftlichen Korrekturen angereicherte Seiten und ist als durchgehende Lebensbeschreibung bis Anfang 1925 konzipiert. Es fehlen ca. 200 Seiten für die Jahre 1919/20.

Zum Inhalt

Kahr legt in der Darstellung besondere Schwerpunkte auf die Zeit des Ersten Weltkriegs sowie auf die frühen zwanziger Jahre in der 'Ordnungszelle Bayern´. Daneben stellt der Verfasser seine weitgreifenden Beziehungen zu wichtigen sozialen Netzwerken erkennbar in den Vordergrund, was auch als Reaktion auf die Distanzierung von früheren Vertrauten zur Zeit der Niederschrift zu werten ist. Selbstverständlich geht der Text auch auf die zentralen Ereignisse im politischen Wirken Kahrs - die Revolution 1918, der Hitler-Putsch etc. - ein. Alleinstellungsmerkmale der Quelle sind Einblicke in die Geschichte der bayerischen Heimatschutzbewegung, die kenntnisreiche Beschreibung der Zwangswirtschaft im Weltkrieg, die Schilderung von Kahrs politischem Wirken und die Thematisierung der sogenannten vaterländischen Bewegung in Bayern.

Zum Projekt

Die Veröffentlichung der Erinnerungen Gustav von Kahrs steht mit zwei am Institut für Bayerische Geschichte laufenden Forschungsvorhaben zur Epoche der Weimarer Republik in Verbindung: Die Publikation der wohl bedeutendsten Autobiographie aus dem Kreis der Mitglieder der damaligen Kabinette ergänzt einerseits die Edition der Bayerischen Ministerratsprotokolle 1919-1945 um eine zentrale narrative Quelle. Die Auswertung des Dokuments bildet außerdem eine wichtige Grundlage für eine entstehende Dissertation zu Netzwerken und sozialem Umfeld Gustav von Kahrs.

Projektdaten

Format

gedruckte Edition

Leitung

Prof. Dr. Ferdinand Kramer

Mitarbeiter

Matthias Bischel M.A. (E‐Mail senden)

Weiterführende Literatur

  • Deutinger, Stephan, Gustav von Kahr. Regierungspräsident von Oberbayern 1917–1924, in: ders. / Gelberg, Karl‐Ulrich / Stephan, Michael (Hg.), Die Regierungspräsidenten von Oberbayern im 19. und 20. Jahrhundert, München 22010, 218–231.
  • Klotz, Alexander, Gustav von Kahr (1862–1934). Nicht nur der Verantwortung seines Amtes nicht gewachsen, in: Bayernspiegel 6/1998, 2–9.
  • Zittel, Bernhard, Gustav von Kahr, in: Pfeiffer, Gerhard (Hg.), Fränkische Lebensbilder, Bd. 3, Würzburg 1969, 327–346.